Romeo und Julia - Kreuzgangspiele 2016

Die Blumen blühen, alles wird grün und es wird wieder wärmer. 
Kurzum: Es wird Sommer.

Somit wird es auch Zeit für eine neue Saison der Kreuzgangspiele in Feuchtwangen.
Im Mai hatte schon das Kinderstück "Peter Pan" Premiere, nun folgt das erste Abendstück "Romeo und Julia".

Ich bin seit Jahren großer Shakespeare Fan und freue mich immer, wenn eines seiner Stücke in einem Theater in meiner Umgebung gespielt wird. "Romeo und Julia" hatte ich schon 2014 im Schlosspark Dennenlohe gesehen, damals als Gastspiel einer englischen Theatergruppe. 
Dementsprechend gespannt war ich, wie die Kreuzgangspiele an dieses tolle, aber auch schwierige Stück herangehen würden.

Ich habe mir wie jedes Jahr die öffentliche Generalprobe angeschaut, die am Abend vor der Premiere stattfindet. Eigentlich ist sie eine Vorstellung wie jede andere auch, kostet aber nur 10 Euro Eintritt und kann - wenn nötig - auch unterbrochen werden.
Das war an diesem Abend zum Glück nicht nötig, obwohl das Wetter nicht wirklich mitspielte und der Nieselregen die Bühne ziemlich rutschig machte.



Die Handlung von Shakespeares "Romeo und Julia" sollte eigentlich jedem bekannt sein. Trotzdem hier eine kleine Zusammenfassung:
Die beiden Familien Montague und Capulet sind seit Generationen verfeindet. 
Romeo, der jüngste Sohn der Montagues, schleicht sich auf das Kostümfest der Capulet und verliebt sich dort unsterblich in deren jüngste Tocher Julia.
Sie lassen sich heimlich von Bruder Lorenzo trauen, der durch die Heirat eine Chance auf Frieden zwischen den beiden Familien sieht.
Kurz darauf passt Julias Vetter Tybalt Romeo und seine Freunde ab und fordert ihn zum Kampf heraus. Mercutio, ein enger Freund Romeos, lässt sich darauf ein und kämpft mit Tybalt. Als Romeo dazwischengehen und den Kampf beenden will, wird Mercutio tödlich verwundet. Um seinen Freund zu rächen, ersticht Romeo Tybalt und wird daraufhin aus Verona verbannt. 
Da Julias Eltern darauf auf eine Heirat mit dem Grafen Paris drängen, wendet sich Julia an Bruder Lorenzo. Er gibt ihr einen Trank, der sie für einige Zeit tot erscheinen lässt. Wenn sie wieder erwacht, soll sie mit Romeo aus der Gruft der Capulets fliehen.
Lorenzos Brief mit diesem Plan erreicht Romeo allerdings nicht und er erfährt nur vom "Tod" Julias. Er besorgt sich ein starkes Gift und macht sich auf zur Gruft, wo er Paris antrifft. Sie kämpfen und der Graf wird tödlich verwundet. 
Da Romeo ohne Julia nicht mehr leben will, trinkt er das Gift aus und stirbt. Kurz darauf erwacht Julia und sieht den toten Romeo. Schließlich tötet auch sie sich selbst mit einem Dolch.
Geschockt von den Ereignissen schließen die beiden Familien Frieden.

Die Kreuzgangspiele nutzen ein großes Bühnebild: Den Kreuzgang, dessen obere Ebene als Balkon gestaltet ist. Außerdem werden Hocker, ein Blumenkasten oder Julias Bett als weitere Requisiten genutzt. Am Ende des Stückes, in der Gruft, werden vier große Särge auf die Bühne gestellt. Die düstere Atmosphäre, die damit erzeugt wird, ist großartig!
Statt weiterer pompöser Bühnenbilder lassen die Kreuzgangspiele einfach Shakespeares Text für sich sprechen. Hier tut sich allerdings das Manko dieser Inszenierung auf: Die deutsche Übersetzung ist teilweise etwas holprig und lässt das "Feeling" vermissen, dass der Originaltext erzeugt. 

"Romeo und Julia" lässt Raum für einige Kampfszenen. Diese wurden von Alexander Ourth choreographiert und sind perfekt in Szene gesetzt. Aufgrund des Nieselregens konnten die Schauspieler bei der Generalprobe zwar nicht das volle Tempo gehen, doch war das Gezeigte auch so ziemlich großartig. 
Die Wahl der Waffen fügt sich gut in die zeitlose, aber doch aktuelle Inszenierung von Johannes Kaetzler ein. Statt mit Degen kämpfen die verfeindeten Familien mit Messern und Macheten gegeneinander.

In mehren Nebenrollen überzeugen Peter Tabatt, Patrick Kramer, Daniel Asofiei, Hubertus Brandt und Antje Otterson (Lady Montague) die immer wieder als Diener oder andere Charaktere auftauchen.

Escalus, der Fürst von Verona, wird bei den Kreuzgangspielen wunderbar streng von Lisa Ahorn verkörpert. 

Leenert Schrader spielt den Grafen Paris gut, bleibt aber leider vermutlich auch rollenbedingt etwas blass.

Julias Vetter Tybalt, in Feuchtwangen gespielt von Timo Klein, ist auch in dieser Inszenierung brutal, provokant und verbissen. Außerdem weiß Klein vor allem auch in den Kampfszenen zu überzeugen.

Capulet, Julias Vater, wird von Wolfgang Beigel verkörpert. Vor allem in dem Moment, als Julia scheinbar tot ist, zeigt er absolut herausragendes, emotionales Schauspiel.
Das gilt auch für Viola Heeß, die Lady Capulet spielt. 

Einen auf den ersten Blick unscheinbaren, aber doch wichtigen Charakter spielt Sina Schulz als Julias Amme. Sowohl in den lustigen als auch traurigen Momenten überzeugt sie vollkommen. Sie ist wohl die perfekte Besetzung für diesen großartigen Shakespearecharakter.

Eine weitere tolle Shakespeare-Rolle ist der Mönch Lorenzo, gespielt von Gerd Lukas Storzer, der auch noch Romeos Vater Montague verkörpert.
Sein Bruder Lorenzo ist warmherzig, zweifelend, besorgt, menschlich und absolut sympathisch. Großartig. 

Romeos Freunde Benvolio (Konstantin Krisch) und Mercutio (Kreuzgangveteran Ulrich Westermann) verlieren trotz der Ernsthaftigkeit ihrer Rollen nie die Komik. Vor allem Mercutio wirkt im Laufe des Stücks bisweilen etwas grotesk.

Den weibliche Part des wohl berühmtesten Liebespaars der Welt, Julia, spielt Liza Simmerlein. Ohne Frage, sie spielt die Rolle wirklich gut, doch leider konnte sie mich nicht völlig überzeugen. 

Den männlichen Part, Romeo, übernimmt Moritz Schilk. Und diese Rolle ist wie für ihn gemacht. Sein Romeo schwankt zwischen himmelhochjauzend und zu Tode betrübt, wo Schilk herausragend seine Bandbreite an Emotionen zeigen kann. Vor allem in den ruhigen, traurigen Momenten weiß er zu überzeugen. Herausragend!


Die Kreuzgangspiele können mit Shakespeares Klassiker an ihre großartigen Stücke der letzten Jahre anknüpfen.
Diese Inszenierung hat alles, was herausragendes Theater braucht: ein tolles Stück, ein wunderbares Bühnenbild und ein starkes und talentiertes Ensemble.
Darum kann ich jedem nur ans Herz legen, sich "Romeo und Julia" im Feuchtwanger Kreuzgang anzusehen - mit einer kleinen Einschränkung.
Es ist ein "schweres" Stück mit einer zeitweise fast düsteren Atmosphäre. Wenn man damit gar nichts anfangen kann und eher Komödien und "leichtere" Stücke vorzieht, ist die Inszenierung der Kreuzgangspiele vermutlich die falsche Wahl für einen schönen Theaterabend.


Weitere Infos zum Stück und Karten findet ihr unter www.kreuzgangspiele.de.




Zum Schluss noch ein paar Infos:
Rezensionen zu dem zweiten Abendstück "Arsen und Spitzenhäubchen" und dem Kinderstück "Peter Pan" werden kommen, allerdings schaffe ich es arbeits- und schulbedingt leider erst im Juli in diese beiden Stücke.
Dann werde ich auch etwas dazu schreiben. 

In zwei Wochen bin ich bei der Comic Con Germany in Stuttgart und werde danach meinen Tag in einem Blogpost Revue passieren lassen. Wenn euch das interessiert, schaut also immer wieder mal vorbei!


Yasmin