Hamlet - Theater Pforzheim


"Sein oder nicht sein?" 
Wer kennt dieses Zitat aus Shakespeares Hamlet nicht?
(Das war eine rhetorische Frage. Wenn jemand das Zitat wirklich nicht kennt... dann weiß ich auch nicht weiter.)


Ich treibe mich gerade beruflich im schönen Nordschwarzwald herum, denn zu einer guten Ausbildung gehört natürlich auch die Berufsschule. Im Ort direkt gibt es leider sehr wenige kulturelle Angebote und auch im direkten Umkreis schaut es im Winter/Frühjahr recht mau aus. 
Pforzheim liegt in erreichbarer Nähe, also entschlossen wir uns mal ins Theater nach Pforzheim zu gehen. 


Doch in welches Stück? Da ich ziemlich großer Shakespeare-Fan bin und meine Begleiterinnen es auch ganz interessant fanden, fiel die Wahl auf "Hamlet".

"Hamlet" von William Shakespeare ist wohl eines der bedeutendsten Werke der Literaturgeschichte. 
Die Tragödie beginnt damit, dass Hamlets Vater, der König von Dänemark, von seinem eigenen Bruder ermordet wurde. Dieser reißt die Königskrone an sich und heiratet Hamlets Mutter, nicht einmal 2 Monate nach dem Tod des bisherigen Königs. 
Nachts erscheint Hamlet der Geist seines Vaters, der ihm von der Ermordung berichtet.
Hamlet beschließt, den Tod seines Vaters ohne Rücksicht auf Verluste zu rächen und seinen Onkel umzubringen. Doch dabei stürzt er sich immer weiter in den Wahnsinn...

Ich weiß, dass diese kurze Inhaltsangabe dem komplexen Stück "Hamlet" nicht wirklich gerecht wird, andererseits möchte ich - für die diejenigen, die nur den Haupthandlungsstrang kennen - nicht zu viel verraten. 

Das Theater Pforzheim setzt auf ein simples Bühnenbild. Eine simple Bretterbühne - das muss zumindest zu Beginn des Stücks reichen. Den Hintergrund ziert eine riesige Dänemarkflagge, die jedoch bald heruntergerissen wird. 
Außerdem befinden sich im hinteren Bereich Stühle, auf denen die Schauspieler, die gerade nicht spielen, Platz nehmen. 
Im vorderen Bereich befinden sich zwei Mikrofonständer, die hauptsächlich von Hamlet und Horatio genutzt werden. 
Die Kostüme (Lorenz Diaz Stephens) und das Bühnenbild (Isabelle Kittnar) sind in schwarz, grau und weiß gehalten, bunte Farben kommen so gut wie nie vor. 

Das Theater Pforzheim hat einen schönen Trailer zu Hamlet produziert, den ich euch an dieser Stelle nicht vorenthalten möchte:


Außerdem hat sich das Theater Pforzheim einen besonderen Kniff ausgedacht. Parallel zu Hamlet wurde Tom Stoppards "Rosenkranz und Güldenstern sind tot" mit dem gleichen Ensemble und den gleichen Kostümen und Bühnenbild einstudiert, das die Geschichte Hamlets aus einer anderen Sicht erzählt.
Ich hätte es sehr gerne gesehen, leider sind die Termine für mich nicht wirklich passend. 

Nun zum Ensemble von "Hamlet": Alle Schauspieler leisten in dieser Inszenierung von Alexander May absolut herausragendes. 
Jens Peter, Markus Löchner und  Fredi Noël spielen mehrere, teils sehr lustige Rollen und überzeugen in jeder einfach vollkommen. 
Julian Culemann spielt Laertes so gut, dass man sich wünscht, er hätte in dieser Inszenierung mehr Zeit auf der Bühne.
Rosenkranz (Sergej Gößner) und Güldenstern (Henning Kallweit) machen einfach Spaß beim Zusehen der beiden. 
Julia Zangger als Ophelia lässt ihren Charakter trotz der Komplexität Ophelias doch gut verständlich für das Publikum wirken.

Ophelias Vater Polonius wird von Hartmut Volle verkörpert, den das Theater Pforzheim für diese Inszenierung als Gast gewinnen konnte. Großartig - mehr muss ich zu ihm nicht sagen. 

Hamlets Mutter Getrud (Joanne Gläsel) ist einer der Charaktere des Stücks, dessen Handlungen man nicht immer nachvollziehen kann. Einerseits liebt sie ihren neuen Mann, andererseits liebt sie Hamlet und versucht, ihn zu beschützen. Gläsel stellt diesen Zwiespalt hervorragend dar und verliert dabei doch nie Gertruds starke Verbundenheit zu Hamlet aus den Augen.

Claudius, neuer König von Dänemark und sowohl Bruder als auch Mörder von Hamlets Vater, wird von Tobias Bode gespielt. Er sieht Hamlet als Gefahr, vor allem als dieser seiner Meinung nach immer wahnsinniger wird. Bodes Claudius hat zwei Seiten - außen gleichgültig und mächtig, innen von Schuldgefühlen und Angst geplagt. Danke für diese absolut herausragende schauspielerische Leistung. 

Die Titelrolle spielt Robert Besta. Anfangs war ich etwas skeptisch, aber je mehr Hamlet in den Wahnsinn gleitet, desto großartiger wurde er in seiner Rolle. Allein schon seine Leistung macht das Stück absolut sehenswert. Die großen, emotionalen Monologe, die Dialoge im Zusammenspiel mit den anderen Charakteren, die Gespräche mit Horatio (großartig dargestellt von Theresa Martini) - all das meistert Besta mit spielender Leichtigkeit. Aber auch der Humor geht dabei nicht verloren. 
Ganz großes Theater. 

Ich kann euch nur ans Herz legen, euch Shakespeares "Hamlet" im Theater Pforzheim anzusehen, am besten in Kombination mit "Rosenkranz und Güldenstern sind tot". 
Diese Inszenierung ist aktuell und doch zeitlos und besticht durch ein durch die Bank weg großartiges Ensemble. 
Bei meinem Besuch am 10. März war es leider relativ leer, doch die Pforzheimer Inszenierung hätte ein ausverkauftes Haus absolut verdient gehabt. 


Geplant war eigentlich eine kurze Review, nun ist doch ein etwas längerer Text geworden. Nunja, so ist das nunmal bei großartigen Theaterbesuchen. 

Danke fürs Lesen, Feedback ist wie immer erwünscht. Schreibt doch einen Kommentar unter dem Post oder eine Mail an crashingchandelier@web.de
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Bis zum nächsten Mal!

Yasmin